Skulptur des Monats Dezember 2023

von Johannes Jäger

Weihrelief an Osiris mit kniendem Pharao (Sethos I.?)

Der ägyptische Pharao opfert dem Gott Osiris

Inv. 12/95, Weihrelief an Osiris mit kniendem Pharao (Sethos I.?)

Das Relief war ursprünglich an dem Türsturz eines Tempels angebracht. Gefunden wurde es in Abydos in Mittelägypten, im Heiligtum des Gottes Osiris. Es ist als ein Tiefrelief angelegt, die Figuren und Schriftzeichen wurden in den Stein vertieft eingefügt.

Die Szene zeigt den ägyptischen Pharao Sethos I. (1290 bis 1279 v.Chr.), der vor dem thronenden Gott Osiris kniet und ihm zwei Ölgefäße darreicht. Zwischen Pharao und Gott stehen zwei Opfertische, auf denen Pflanzen liegen. Auch sie sind Opfergaben an den Gott. Die Namen des knieenden Pharaos Sethos stehen in Hieroglyphen – eingebunden in zwei sog. Kartuschen – direkt vor der Stirn und über den Händen: Es sind sein Thronname als Pharao und sein Geburtsname.

Die hier dargestellte Kulthandlung – und auch das Bild selbst – dienen der Ehrung und Stärkung des Gottes Osiris. Dieser wehrt im Gegenzug Unheil vom König, vom Staat und vom Volk ab, bringt Lebenskraft und erhält das kosmische Gleichgewicht. Der Pharao ist zugleich der oberste Priester des Gottes. Er kommt hier im Bild seinen Amtspflichten nach. Bild und Schrift haben nach altägyptischem Verständnis auch eine Magische Wirkung. Die abgebildete Kulthandlung verstärkt die reale Kulthandlung durch den Pharao.


Bild und Schrift

Auf dem Relief ist eine bildliche Szene dargestellt, die durch Schrift in Form der Hieroglyphen ergänzt und erläutert wird. Wie in kaum einer anderen Kultur sind im alten Ägypten Bild und Schrift miteinander verbunden.

Entscheidend für das Verständnis der altägyptischen Kultur war daher die Entzifferung der Hieroglyphen. Es war maßgeblich der französische Forscher Jean-François Champollion, dem hier im Jahre 1822 der Durchbruch gelang. Möglich war dies durch die Entdeckung des sog. Rosetta-Steins während der Expedition Napoleons in Ägypten. Dabei handelt es sich um eine Gesetzestafel, die unter den Nachfolgern Alexanders des Großen, der griechischen Dynastie der Ptolemäer, in Ägypten aufgestellt worden war. Auftraggeber war Ptolemaios V. (reg. 205-180 v. Chr.).  Der Text ist hier dreifach wiedergegeben und zwar in drei verschiedenen Schriftsystemen: In Hieroglypenschrift, in demotischer Schrift (die späteste Form der auf den Hieroglyphen basierenden Schnellschrift) und auf Griechisch. Das gut bekannte Griechisch war der Schlüssel für die Übersetzung auch der anderen Schriften.

Inv. 91/3, Stein von Rosetta

Hieroglyphen können sowohl von rechts nach links als auch von links nach rechts oder von oben nach unten geschrieben sein. Die jeweilige Schreibrichtung (rechts/links) erkennt man an der Ausrichtung aller Zeichen auf den Zeilenanfang. So blicken beispielsweise alle Tiere, Menschen oder Götter (als Schriftzeichen) nach rechts, wenn von rechts aus geschrieben wurde. Wurde jedoch von links geschrieben so wurden auch alle Zeichen gespiegelt wiedergegeben.

Das Hieroglyphische ist – mit wenigen Ausnahmen – eine Konsonantenschrift. Auch wenn ein Zeichen für ein ganzes Wort stehen kann, so geben die Hieroglyphen meist eine Abfolge von Konsonanten wieder. Vor Champollion vermutete man, es handele sich um eine reine Bilderschrift, in der jedes Bild für ein Wort steht.

Da den Hieroglyphen die Vokale fehlen, war die Schrift komplex und sicher nicht jedem gleichermaßen zugänglich. Es war die Schrift und Sprache königlicher Beamter und einer Priesterelite. Die Ägyper selbst nannten die Hieroglyphen „göttliche Worte“.

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